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Client Information XXII. - Homeoffice als Teil der „neuen Normalität“?
02. November 2020
Stöger & Partner Newsletter
Homeoffice als Teil der „neuen Normalität“?
Die coronabedingten Einschränkungen (insbesondere der Lockdown im März 2020) haben dazu geführt, dass die Arbeitsplätze vieler Arbeitnehmer vorübergehend in die eigenen vier Wände verlegt worden sind („Homeoffice“). Was anfangs aus purer Not heraus entstanden ist, wird mittlerweile in vielen Betrieben als Teil einer neuen Form des Arbeitens akzeptiert. Im September 2020 fand ein gemeinsames „kick-off-meeting“ des Arbeitsministeriums (BMAFJ) mit den Sozialpartnern statt, um einheitliche Standards für künftige Homeoffice-Regelungen zu erarbeiten. Gesetzliche Regelungen sind aber erst für März 2021 geplant. Die folgende Kompaktdarstellung soll eine Orientierungshilfe über den aktuellen Status Quo bieten.
Wie sieht der aktuelle Gesetzesstand zum Thema Homeoffice aus?
Aktuell gibt es (noch) keinen einheitlichen Gesetzesrahmen für das Arbeiten im Homeoffice. Bisher wird das Thema hauptsächlich in Betriebsvereinbarungen und Dienstverträgen geregelt. In manchen Branchen finden sich aber auch Homeoffice-Regelungen in Kollektivverträgen (z.B. Kollektivvertrag für Angestellte in der metallverarbeitenden Industrie).
Gibt es einen Rechtsanspruch auf Homeoffice?
Nein, einen Rechtsanspruch auf Homeoffice gibt es weder für den Arbeitnehmer noch für den Betrieb. Voraussetzung ist daher die Vereinbarung beider Vertragsparteien. Eine solche Homeoffice-Vereinbarung sollte im Sinne der Rechtssicherheit möglichst schriftlich erfolgen und insbesondere Regelungen über
- Tätigkeitsort (siehe dazu auch die nächste Frage),
- Erreichbarkeit und Arbeitszeiten (einschließlich der Aufzeichnung der Arbeitszeiten),
- Betriebsmittel und Aufwandersatz,
- Datenschutz & Datensicherheit,
- eine allfällige Befristung und vorzeitige Beendigungs- sowie Änderungsmöglichkeit der Homeoffice-Regelung enthalten.
Darf Homeoffice auch außerhalb der eigenen vier Wände ausgeübt werden (z.B. am Urlaubsort)?
Ob der Arbeitnehmer seine Homeoffice-Tage auch außerhalb der eigenen vier Wände (z.B. im Kaffeehaus, im Wellnesshotel, am Meer oder an einem sonstigen Ort im Ausland) erbringen darf, hängt von der getroffenen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber ab.
Aus betrieblicher Sicht wird es zur Gewährleistung einer störungsfreien Arbeit und der Erreichbarkeit für Kunden sowie im Hinblick auf datenschutzrechtliche Aspekte oftmals sinnvoll sein, die Zulässigkeit der Homeoffice-Arbeit vereinbarungsgemäß auf die eigene Wohnung des Arbeitnehmers (oder ggf. die Wohnung des Partners) zu beschränken.
Welche Arbeitszeit gilt im Homeoffice?
Auch die Einteilung der Arbeitszeit im Homeoffice ist in erster Linie Vereinbarungssache. Möglich ist sowohl die Vereinbarung einer fixen Arbeitszeit (z.B. mit Anwesenheits- und Erreichbarkeitspflicht am Computer) als auch einer flexiblen Regelung (z.B. Gleitzeit).
Beachte: Die Aufzeichnung der Arbeitszeiten ist gemäß § 26 AZG auch im Homeoffice notwendig, allerdings reicht hier das Erfassen der täglichen Arbeitszeit (Stundensalden, ohne uhrzeitmäßige Aufzeichnung von Arbeitsbeginn, Arbeitsende und Arbeitspausen).
Welche Kosten muss der Betrieb dem Arbeitnehmer ersetzen?
Wenn dem Arbeitnehmer durch die dienstliche Tätigkeit Internet- oder Telefonkosten entstehen, muss der Arbeitgeber diese zumindest anteilig ersetzen. Da die Feststellung konkreter Kosten (z.B. durch Schätzung) oft schwierig ist, wird in der Praxis häufig eine Pauschale zur Abgeltung allfälliger zusätzlicher Kosten vereinbart. Der Nachteil daran ist, dass solche pauschalen Abgeltungen in der Personalverrechnung voll abgabepflichtig zu behandeln sind (eine steuerliche Geltendmachung von Werbungskosten durch den Arbeitnehmer kann erst über die Arbeitnehmerveranlagung erfolgen).
Praktischer Tipp: Wenn sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer darauf einigen, kann bei überkollektivvertraglicher Gehaltshöhe auch vereinbart werden, dass mit der Überzahlung die dem Arbeitnehmer entstehenden Homeoffice-Kosten abgedeckt sein sollen.
Kann der Arbeitnehmer selbst getragene Homeoffice-Kosten steuerlich absetzen?
Anteilige Miet-, Heiz- und Stromkosten sowie angeschaffte Möbel (z.B. Arbeitstisch, Sessel) kann der Arbeitnehmer steuerlich geltend machen (im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung), wenn er über ein räumlich getrenntes und ausschließlich beruflich genutztes Arbeitszimmer verfügt.
Beruflich genutzte Arbeitsmittel und Arbeitsgeräte (z.B. ein vom Arbeitnehmer selbst angeschaffter Drucker oder Bildschirm) können hingegen unabhängig von einem Arbeitszimmer steuerlich geltend gemacht werden.
Unfall im Homeoffice: Arbeits- oder Freizeitunfall?
Die Abgrenzung zwischen Arbeitsunfall und Freizeitunfall hat auch beim Arbeiten im Homeoffice Bedeutung für die arbeitsrechtliche Entgeltfortzahlung (§ 8 Abs. 2a AngG, § 2 Abs. 5 EFZG) und für den Unfallversicherungsschutz (§§ 172 bis 220 ASVG).
ACHTUNG: SONDERREGELUNG FÜR DIE CORONAKRISE: Mit dem 3. COVID-19-Gesetz wurde eine für die Zeit bis zum 31.12.2020 gültige Sonderregelung für Unfälle im Homeoffice getroffen, durch die die Arbeitsunfall-Definition erweitert wird (§ 175 Abs. 1a und Abs. 1b ASVG): Die privaten Wohnräumlichkeiten werden unfallversicherungsrechtlich der betrieblichen Arbeitsstätte gleichgestellt. Das bedeutet, dass auch innerhalb der eigenen vier Wände alle Unfälle, die sich während der Arbeitszeit ereignen, als Arbeitsunfälle zählen. Umfasst davon sind auch Wegunfälle (z.B. Arzt, WC-Besuch oder Essen), die sich während der Arbeitszeit oder während gesetzlicher bzw. betrieblicher Arbeitspausen ereignen. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass viele Arbeitnehmer infolge der Coronakrise zu Hause arbeiten, ohne dass sie über einen eigenen Homeoffice-Raum verfügen.
Mit besten Grüßen
Ihr
Mag. Georg Stöger
und das gesamte Stöger & Partner Team